Streckenentwicklung

Die jährliche Nutzung erfolgt bei allen Wildarten grundsätzlich nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit. Das bedeutet konkret, dass in den Jagdbezirken bei jeder Wildart nur soviel Wild dem vorhandenen Bestand entnommen wird, wie jährlich zuwächst. Wildarten, die aufgrund günstiger Lebensbedingungen lokal/ regional einen Populationsanstieg aufweisen, werden intensiver bejagt. Dazu zählen Wildschweine, Rotwild, Damwild oder Rehwild. Arten, die keinen Populationsanstieg aufweisen, wie zum Beispiel Feldhase und Rebhuhn, werden weniger bejagt. Arten, wie der Iltis, die empfindlich auf Umweltveränderungen reagieren und sich nicht mehr ausreichend vermehren, werden zeitweise oder dauernd von der Bejagung ausgenommen.

Seit dem Jagdjahr (JJ) 2015/16 ist die Jagdstrecke des Rotwildes insgesamt in Sachsen- Anhalt rückläufig. Mit 4.446 Stücken liegt die Rotwildstrecke nunmehr auf dem Niveau des JJ 2008/09.

Dabei wurden die geplanten Abschusszahlen in den meisten Landkreisen bei Weitem nicht erreicht (Jerichower Land 29%, Mansfeld- Südharz 56%, Anhalt- Bitterfeld 57%, Börde 58%, Harz 63%, Wittenberg 65%). Auch der Nationalpark Harz verfehlte in Sachsen- Anhalt mit 53% die eigene Zielstellung deutlich. Ursachen werden vor allem in den Auswirkungen der Trockenheit gesehen. Geplante Jagden konnten nicht vollumfänglich durchgeführt werden.

Die Damwildstrecke bewegt sich in den letzten 3 JJ auf gleichbleibendem Niveau. Die Strecke des JJ 2019/20 von insgesamt 4.585 Stücken entspricht dabei der des JJ 2008/09. Die regionale Verteilung hat sich jedoch geändert, so weist der Landkreis Jerichower Land beispielsweise nur noch ein Drittel der Jagdstrecke von 2008/2009 auf. Der Landesjagdverband führt diesen Streckenrückgang auf das Vorkommen des Wolfes zurück, der sich 2008 in der Region etablierte und nachweislich die Wild- und Rinderseuche einschleppte. Ähnlich verhält sich die Sachlage im Raum Wittenberg und Anhalt-Bitterfeld, wo nur noch zwei Drittel der beziehungsweise ein Sechstel der Damwildstrecke im Vergleich zum Jagdjahr 2008/ 2009 erzielt wird. Im Altmarkkreis Salzwedel (+ 270), Stendal (+200), Börde (+ 380) und Burgenlandkreis (+260 Stücken) kam es jedoch langfristig zu Streckenzuwächsen. Im Bereich der Landeshauptstadt Magdeburg konnten von 18 geplanten Stücken Damwild 17 gestreckt werden.

Der Anteil der Kälber liegt mit 40% auf der Höhe der Hegerichtlinie. Das ist insofern erstaunlich, da in den Gebieten mit Wolfsvorkommen (z.B. TÜP Altengrabow) bei den herbstlichen Jagden öfter Rudel ohne Kälber beobachtet werden. Das im Land insgesamt erreichte Abschussgeschlechterverhältnis von 41 : 59 entspricht fast dem wildbiologisch notwendigen Verhältnis von 40 : 60.

Der Abstieg der Muffelwildstrecke in Sachsen- Anhalt begann 2009/10 vom Höhepunkt der Streckenentwicklung (1.050 Stück) und hat mit 378 Stück im JJ 2019/20 wohl noch nicht den Tiefpunkt erreicht.

Einzig im LK Mansfeld- Südharz ist wiederum ein Anstieg der Strecke auf nunmehr 106 Stücken zu verzeichnen. Dabei handelt es sich hier nicht um ein „klassisches“ Harzvorkommen, sondern ein erst nach der Wende im Raum Bayernaumburg etabliertes Vorkommen.

Der Rückgang der Muffelwildstrecke ist im engen Zusammenhang mit dem Wolfsvorkommen im Land und im Harz mit dem Luchs zu sehen. Durch den Wolf wurden einzelne lokale Muffelwildvorkommen insbesondere in der Altmark zum Erlöschen gebracht. Der drastische Rückgang der Muffelwildstrecke im Harz ist zum einen Folge des Populationsrückgangs, andererseits führt auch die Veränderung des Raum- Zeit-Verhaltens durch den Prädatorendruck zum Rückgang der Strecke. So hält sich ein kaum zu bejagendes Großrudel von ca. 300 Stücken Muffelwild im Raum Meisdorf am nordöstlichen Harzrand in der Feldflur auf. Bei einer durchschnittlichen Wilddichte von 6 Stücken Muffelwild /100 ha entspricht dieses Großrudel der Stückzahl eines „normalen“ Vorkommens auf 5.000 ha in den Wäldern des Harzes.

Seit über 10 Jagdjahren bewegt sich die Rehwildstrecke in Sachsen- Anhalt trotz des sich entwickelnden Wolfsvorkommens auf einem relativ gleichbleibenden Niveau um die 49.000 Stücken. Im Ergebnis des JJ 2019/20 stehen 49.417 Stück Rehwild zu Buche.

Die Anzahl der Wolfsrudel stieg in diesem Zeitraum in Sachsen- Anhalt von 1 im Jahr 2009 (TÜP Altengrabow) auf 15 im Monitoringjahr 2018/19, dazu kommen noch 4 grenzübergreifende Rudel (LAU Sachsen- Anhalt, Bericht zum Monitoringjahr 2018/19).

Neben der längerfristigen Streckenentwicklung ergibt sich auch aus dem Wildunfallgeschehen kein Hinweis auf ein Absinken der Rehwildpopulation. Nach dem Verkehrsunfallbericht des Innenministeriums wurden 2019 insgesamt 15.100 Wildunfälle registriert und damit einer neuer Höchstwert fixiert. An rund 70% der registrierten Wildunfälle war Rehwild beteiligt.

Mit einem durchschnittlichen Abschussgeschlechterverhältnis von 52 : 48 (männlich : weiblich, ohne Kitze) erfolgte -wie schon seit Jahren- ein zu geringer Eingriff in die Zuwachsträger. Lediglich im Saalekreis steht ein Verhältnis von 40 : 60 zu Buche. Im Burgenlandkreis wurde 49 : 51 und im Salzlandkreis 50 : 50 erreicht.

Der Anteil der Kitze an der Rehwildstrecke Sachsen- Anhalts  liegt mit lediglich rd. 28% deutlich unter der Vorgabe der Hegerichtlinie.

Mit 46.148 Stücken konnten die Jäger in Sachsen- Anhalt die zweithöchste Schwarzwildstrecke überhaupt erreichen. Die absolut höchste Strecke wurde dabei im Landkreis Wittenberg mit 7.322 Stücken realisiert. Der flächenbezogen höchsten Werte weisen die Stadt Dessau- Roßlau mit 9,2 Stück/ 100 ha und die Stadt Halle mit 5,7 Stück/ 100 ha auf. Damit sind die kreisfreien Städte Dessau-roßlau und Halle mit dem Landkreis Anhalt- Bitterfeld (4,4 Stück/ 100 ha) und Wittenberg (4,2 Stück/ 100 ha) nach wie vor Schwarzwildschwerpunkt in Sachsen- Anhalt.

85% der Strecke entfallen auf Frischlinge und Überläufer. Das ist zunächst zufriedenstellend, aber der Anteil der Frischlinge ist mit 47% trotz der Entlastung von den Trichinenuntersuchungskosten in mehreren Landkreisen noch zu niedrig. Das  Abschussgeschlechterverhältnis (männlich : weiblich, ohne Frischlinge) liegt bei 57 : 43. Es werden seit Jahren deutlich mehr männliche als weibliche Stücke gestreckt.

In Anbetracht der bis an die Westgrenze Polens vorangerückte Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest ist eine Verstärkung der intensiven Schwarzwildbejagung dringend erforderlich. Die Wirkung der Zulassung von Nachtsichtvor- und Aufsatzsatzgeräten für die Jagd auf Schwarzwild wird sich im Ergebnis des laufenden Jagdjahres zeigen.

Bei der Durchführung von echten revierübergreifenden Jagden zur Erhöhung des Schwarzwildabschusses, die über bloße „Abstauberansitze“ der Nachbarn hinausgehen, gibt es mit Sicherheit Reserven. Ein gutes Beispiel für revierübergreifende Jagden sind seit mehreren Jahren die Jagden an der Goitzsche im Landkreis Anhalt- Bitterfeld.